neuer Rundfunkstaatsvertrag

gepostet von Johan am

Bei Sandra Wiegard gibt es einen neuen „Entwurf“ für einen neuen Rundfunkstaatsvertrag.

Sympathischer Entwurf. So könnte das auch m.E. wirklich aussehen. Öffentlicher Rundfunk, so wie er jetzt ist gehört auf jeden Fall weg. Schlanke Strukturen, mehr Information, weniger blablabla und Volkbespaßung müssen her.

Kommentare

  1. Daniel

    Selten so einen Quatsch wie diesen „Entwurf“ gelesen.
    Zur Aussage „Öffentlicher Rundfunk (…) gehört auf jeden Fall weg“: Wo wenn nicht bei den öffentlich-rechtlichen sieht man Qualität im TV? Da kommen tolle Dokumentationen, auch und gerade auf Phoenix (das laut Fr. Wiegard ja nur ein „Feigenblatt“ ist).
    Ein Modell wäre, nach englischem Vorbild die ÖR aufzustellen wie die BBC: Keine Werbung, weshalb auch keine stumpfe Orientierung an der Quote nötig ist. Allerdings wären dann höhere GEZ-Gebühren fällig… aber Qualität bekommt man nunmal nicht zum Nulltarif.

  2. Boche

    Ich habs grad vergessen: Welches Argument spricht nochmal für öffentlich-rechtliche Zeitungen? Ähm, Fernsehsender?
    Dass der dumme Bürger unfähig ist, Qualität zu erkennen und er deshalb diese zwangsfinanziert vorgesetzt bekommen muss?

    Ich hoffe, irgendwann wird man über bürokratisch-bevormundenden Unsinn wie einen „Rundfunkstaatsvertrag“ nur noch milde lächeln und sagen: „Na ja, früher war manches eben ein wenig merkwürdig.“

  3. Holger Cordes

    @Daniel
    die Einnahmen aus Gebühren bei der BBC sollen laut mediadb.eu bis 2012 um 2,9 Millarden Euro gesenkt werden, also nahezu halbiert werden. Die Zustimmung zum Gebührenmodell scheint dort also zu schwinden.

  4. Holger Cordes

    @Boche
    Fernsehen auf „Bildzeitungsniveau“ macht dann im wesentlichen uns Bürger schlau? Die durch die Zeitung so verbreiteten „Bild-Argumenten“ treffe ich sehr häufig.

    Einen Rahmen sollten die Öffentlichen schön haben. Aber der wird mir gerade zu groß.

  5. Johan

    Das was der ÖR derzeit bietet hat mE nicht viel mit Qualität zu tun. Talk- und Kochshows auf unterem Niveau, Soaps und Dokumentationen über Abläufe in einem Zoo.

    Dafür vom Bürger Geld per Zwangsabgabe zu verlangen finde ich richtig dreist.

    Wenn man einen ÖR für notwendig hält, dann liegt der Auftrag in kultureller Nische und politische / geschichtliche Dokumentation auf hohem Niveau.

    Diese Punkte finden aktuell nur sehr wenig statt.

  6. Boche

    @Holger Cordes

    Fernsehen auf �Bildzeitungsniveau� macht dann im wesentlichen uns Bürger schlau?

    Kurze Gegenfrage dazu: Warum gibt es Süddeutsche, FAZ und WELT? Und zwar ohne Zwangsgebühren für öffentlich-rechtliche Zeitungen? Wer sorgt denn dafür, dass es Qualität gibt, wenn es der Staat nicht tut? Wie geht das denn? Kann doch gar nicht…

  7. Holger Cordes

    @Johan
    Ich bewege mich jenseits von Unterhaltung im wesentlichen bei den ÖR.

    Sicherlich wäre dann auch hier mindestens eine Halbierung der Gebühren möglich, wären die Geschäftsfelder eingegrenzter.

  8. Kai

    Gegenfrage: Wo genau gibt es regionale Medienvielfalt noch? Da herrschen Monopolisten wie die Lübecker Nachrichten an denen kein Weg vorbeiführt. Auf der Ebene der lokalen Berichterstattung haben wir Verhältnisse erreicht, die alles andere als förderlich für eine pluralistische Gesellschaft sind.

  9. Stecki

    Dem Einwand von Kai möchte ich zustimmen. Zwar ist hier (Delingsdorf) die Bandbreite der Lokalpresse formal eigentlich vorbildlich (Stormarner Tageblatt, Ahrensburger Zeitung, Lübecker Nachrichten), jedoch läßt die Quantität und Qualität der Lokalberichterstattung mehr als zu wünschen übrig. Auch wenn das jetzt eher anekdotische Argumentation ist, veranschaulicht es die Problematik: Vor einigen Jahren kamen gelegentlich sogar Pressevertreter zu Sitzungen der kommunalen Gremien in Delingsdorf. Irgendwann ebbte das ab und es wurde nur noch nach wichtigen Sitzungen der Bürgermeister von der Presse telefonisch abgefragt. Inzwischen findet die Gemeindepolitik nur noch in Amtlichen Bekanntmachungen und dem Ankündigungsdigest in Form der Erwähnung von 2-3 Tagesordnungspunkten (wohlgemerkt: nicht Bericht, nur Sitzungsankündigung) statt. Und das obwohl die Einwohnerzahl des Dorfes sich verdoppelt hat. Sprich: Lokalzeitungen können sich – selbst wenn sie es wollten – aufgrund des Wettbewerbsdruckes und der Umwälzungen in der Medienlandschaft eine echte, breite und vor allem ernsthaft journalistische Berichterstattung gar nicht mehr erlauben. Insofern geht auch die Forderung nach öffentlich-rechtlichen Zeitungen nicht fehl, sondern trifft den Punkt.
    Denn eigentlich müßte man alle paar Jahre evaluieren, welche Medientypen und -verbreitungswege ein funktionierendes pluralistisches Angebot haben und welche nicht. Und danach müßte man die Entscheidung treffen, ob und auf welchem Weg welche Informationen öffentlich-rechtlich angeboten werden müßten.
    Daß man das Angebot dann aus grundsätzlichen Erwägungen so gestaltet, daß es sich nicht mit Unmengen von Kanälen usw. selbst Konkurrenz macht (=finanziell ineffizient, immerhin ist es eine Pflichtgebühr, die vom Bürger verlangt wird), sollte dann übrigens genauso selbstverständlich sein wie die Schlußfolgerung, daß das absolute Schwergewicht des Programmanteils die Informationen sein müssen, die den Zuschauer/-hörer/Leser in die Lage versetzen, seine – ich nenne es mal abstrakt – Aufgaben im Gemeinwesen verantwortungsvoll und eigenverantwortlich wahrzunehmen (also Befähigung zu informierter Wahlentscheidung, sicherem Leben unter Integration in den Rechtsstaat). Daher haben weder Werbung noch pure Unterhaltung etc etwas in mit öffentlichen Zwangsmitteln finanzierten Systemen zu suchen. Es geht nämlich nicht um die Maximierung der Quote (egal ob wie jetzt häufig aus Werbeeinnahmegründen oder einfach nur als Prestigefrage), sondern darum, die Aufgaben öffentlich zu erledigen, die im freien Spiel der Marktkräfte möglicherweise nicht funktionieren. (das mal so spontan und etwas überpointiert und undifferenziert zusammengefaßt/runtergeschrieben)

  10. Boche

    Na, schön, dass der Pflichtcharakter des Medienkonsums dann so klar herausgestellt wird. In Zeiten, wo der Staat sowieso immer stärker dem Bürger bei der privaten Lebensführung hineinredet, ist es für Anhänger dieser wohlmeinenden Bevormundung natürlich folgerichtig, mittels eines staatlicherseits zusammengestellten, optimalen Medienangebotes die Pflicht des Bürgers zur gesellschaftlichen Teilnahme zu ermöglichen. Undenkbar, die Entscheidung der Informationsaufnahme dem Bürger selbst zu überlassen! Das ist viel zu wichtig, als dass man dieses Risiko eingehen könnte!

    Ich warte darauf, wann „gesunde Lebensmittel“ aus Steuergeldern zwangsverordnet werden. Denn auch die Nahrungsaufnahme ist doch viel zu wichtig, als dass man sie den dummen MacDonald-Fraß-Vertilgern überlassen könnte. Und denke man erst an die Kinder…!

    Daß man das Angebot dann aus grundsätzlichen Erwägungen so gestaltet, daß es sich nicht mit Unmengen von Kanälen usw. selbst Konkurrenz macht

    Genau. Wozu 10 verschiedene Apfelsorten, wenn es eine auch tut. Ist doch total verwirrend!

    Im Ernst: Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell man im Paradigma bürokratischer Bevormundung zumindest gedanklich bei Zuständen angelangt, die ich aus DDR-Kaufhallen und -Medien kenne.

    Merkt denn keiner, wie anmaßend es ist, dem Nachbarn vorschreiben zu wollen, wofür er sein Geld ausgibt?